Im Südwesten von Spanien haben Forschende in einer bislang unbekannten Höhle Kratzspuren an den Wänden entdeckt. Sie dürften rund 28’000 Jahre alt sein.
Es begann im Jahr 2021 mit einem kleinen Felsloch, durch das Archäologen bei Arbeiten unweit der Stadt Murcia im Südwesten von Spanien einen Luftzug verspürten. Die Gegend ist bekannt für den Höhlenkomplex Cueva del Arco (siehe Box). Beim Graben machten sie sich in der Erwartung, hinter dem Loch einen kleineren Hohlraum zu finden, daran, das Loch zu vergrössern. Mit der Entdeckung, die sie nach einem mühsamen Weg durch den kleinen Eingang machten, hatte aber niemand gerechnet.
Bis zur Öffnung der Höhle hatten sich die Forschenden lange gedulden müssen. Denn schon im Jahr 2018 waren sie auf einen mit Sediment gefüllten Hohlraum, der ihnen wie «ein Durchgang zu einer grösseren Höhle» vorkam. Dass sie mit ihrer Vermutung richtig lagen, bestätigte sich endgültig erst im Jahr 2022. Denn aufgrund der Covid-19-Pandemie mussten sie ihre Arbeiten erst einmal unterbrechen.
Riesenstalaktiten und Krallenspuren
Das lange Warten hat sich gelohnt, wie es in einer Mitteilung heisst. «Wir standen vor einer Entdeckung von Weltrang», so das Team um Ignacio Martín Lerma und Didac Románin. Im Licht ihrer Taschenlampen präsentierte sich den Archäologen eine riesige Höhle. Mit einer Länge von fast 1,6 Kilometern und teilweise fast 30 Meter hohen Hohlräumen im Fels dürfte die Höhle die grösste der Region sein, wie Lerma sagt. Er ist Professor und leitender Archäologe an der Universidad Murcia. Die Stalaktiten seien mit einer Länge von drei Betern und einem Zentimeter Durchmesser «ebenso konkurrenzlos». Das bedeute, dass sie dank der Isolation der Höhle über viele Jahrtausende hinweg unter nahezu unveränderten Bedingungen gewachsen waren.
Höhle früher von Bären bewohnt
Doch das war noch nicht alles: An den Wänden entdeckten die Forschenden die Spuren von Bärenkrallen. Diese könnten dazu führen, dass die die Prähistorie Spaniens teilweise umgeschrieben werden muss. Sie deuten laut der Forschungsgruppe darauf hin, dass die vor 27’000 bis 28’000 Jahren ausgestorbenen Höhlenbären in deutlich südlicheren Gefilden auf der Halbinsel gelebt haben könnten als bisher angenommen. «Die Identifizierung von Krallenspuren von Höhlenbären an vielen Stellen der Wände macht die Höhle zu einem wichtigen und wirklich einzigartigen Beispiel für einen Ort, an dem diese riesigen Säugetiere in Südeuropa lebten.» Die Tiere wurden ähnlich gross wie Eisbären und erreichten ein Gewicht von 400 bis 1000 Kilogramm.
Ein «intakter Naturschatz», den es zu bewahren gilt
Der Fund habe «all unsere Erwartungen übertroffen», so Lerma. Er öffne eine neue Tür zur Prähistorie. Diese müsse unbedingt bewahrt werden: «Wir müssen bedenken, dass wir einen intakten Naturschatz in unseren Händen halten, und das soll auch so bleiben.» Dazu sei es vorerst notwendig, Besuche zu verhindern – bis alle wissenschaftlichen Studien abgeschlossen sind.
Seit 2015 arbeiten Forschende in Höhlen der Cueva del Arco. Seither wurden zahlreiche Siedlungen, die zwischen 7’000 und 50’000 Jahre alt sind, in dem Höhlensystem freigelegt.