Was ist erwünscht beim Flirten, was ein absolutes No-Go beim ersten Date? Ein Datingcoach und eine Beziehungsexpertin beantworten die wichtigsten Fragen rund ums Flirten.
«Zwischen Mann und Frau hat man das Gefühl, dass man es nur falsch machen kann.» Das sagt Tinder-Expertin Johanna Degen, die zu mobilem Online-Dating forscht. Wie soll man also jemanden ansprechen? Was ist okay beim Flirten? Datingcoach Janos Horvath und Beziehungsexpertin Martina Rissi beantworten die wichtigsten Fragen.
Die Arbeitskollegin oder den Arbeitskollegen zum Drink oder Kaffee einladen
Martina Rissi (MR): Ganz klar aufpassen hier – vor allem bei hierarchischem oder Altersgefälle. Wenn man sich bisher auf Augenhöhe begegnet ist und eine gewisse Flirtwilligkeit festgestellt hat, dann ist es in Ordnung. Unter dem klaren Vorbehalt, dass der oder die andere nein sagen darf und die weitere Zusammenarbeit danach nicht komisch wird.
Janos Horvath (JH): Das ist völlig in Ordnung. Es ist jedoch ratsam, dies erst zu tun, nachdem man die
Person bei einer Firmenveranstaltung oder im Kaffeeraum besser kennengelernt hat, um zu
überprüfen, ob es ein gegenseitiges Interesse gibt.
Der Arbeitskollegin oder dem Arbeitskollegen Komplimente zur Kleidung machen
MR: Aufpassen – ein Kompliment zu einem Top zu machen, das etwa weit ausgeschnitten ist, wäre der Worst Case. Auch Hosen sind heikel. Am unverfänglichsten wären Komplimente zu Accessoires, Schuhen oder der Frisur.
JH: Grundsätzlich ja. Das Schöne bei solchen Komplimenten ist, dass es etwas ist, das die Person bewusst gewählt hat. Es ist jedoch wichtig, dass das Kompliment aus Freude und Wertschätzung gemacht wird und nicht mit der Erwartung einer Gegenleistung verbunden ist.
Jemanden in einem Café oder im öffentlichen Raum nach der Handynummer fragen
MR: Das geht gar nicht, das ist zu einengend. Was aber super funktioniert: Die eigene Handynummer zustecken und es der Person selbst überlassen, ob sie reagieren möchte. Es ist wichtig, dass es ein «take it or leave it»-Angebot ist.
JH: Es kann gut ankommen, setzt jedoch das gegenseitige Interesse voraus. Man kann etwa nach einem freien Platz am Tisch fragen und beobachten, wie die Person reagiert. Wenn ein Lächeln zurückkommt, ist das ein gutes Zeichen. Dann kann man das Gespräch starten. Wenn kein Interesse besteht, sollte man es besser sein lassen.
Schon beim ersten Date sagen, dass man verliebt sei
MR: Absolutes No-Go. Selbst wenn es sich so anfühlt, wie noch nie zuvor bei einem anderen Date, kann man das Gefühl einfach geniessen.
JH: Das ist nicht zu empfehlen. Lieber: «Ich freue mich darauf, dich bald wiederzusehen» oder «Ich habe schon lange nicht mehr so viel gelacht wie mit dir».
Beim ersten Date über Familien-, Zukunftspläne und sexuelle Vorlieben sprechen
MR: Grundsätzlich nein. Das Wichtigste bei den ersten Dates ist es, sich kennenzulernen und zu sehen, ob man zusammen passt. Dazu gehören auch diese Themen – aber sie müssen achtsam angegangen werden.
JH: Über sexuelle Vorlieben zu sprechen, kann sinnvoll sein, sobald eine emotionale Intimität aufgebaut wurde. Fragen zu Zukunftsplänen wie «Was ist dir in einer Beziehung wichtig?» sind hier angemessen. Familienpläne können jedoch ein Problem darstellen, da sie Männer abschrecken können.
Jemandem auf der Strasse ein Kompliment machen
MR: Unbedingt! Das passiert viel zu selten, wir sollten das mehr machen. Das lockere, absichtslose Flirten sollte man unbedingt wieder mehr ausüben. Das Schlagwort ist aber weiterhin: bedingungslos.
JH: Ja, das ist eine gute Idee. Die meisten Menschen werden sich freuen, unabhängig davon, ob es eine Frau oder ein Mann ist. Ich würde das aber an einem gut beleuchteten Ort mit Menschen machen, nicht in dunklen Ecken.
Ist Flirten und Daten schwieriger geworden?
MR: Ja, aus zwei Gründen. Erstens flirten wir fast nur noch via Apps und zweitens ist es auch kulturell bedingt: Während im Ausland das offenkundige Umgarnen und Ansprechen noch gang und gäbe ist, ist es bei uns in den Hintergrund getreten. Auf dieses Ungewohnte reagieren Frauen eher irritiert und gehemmt.
JH: Ja, definitiv – das höre ich von vielen. In unserer aktuellen Kultur kann es schnell zu Vorwürfen oder Missverständnissen kommen, was viele verunsichert. Durch das Online-Dating wird man auch ersetzbarer.