Richtig spenden und unseriöse Spendenaufrufe erkennen: Expertinnen erklären, worauf man achten muss.
Alle wollen nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien helfen: Bei den vielen Spendenaufrufen verliert man schnell den Überblick. Expertinnen geben Tipps.
Wo soll ich nach dem Erdbeben spenden?
«Wir empfehlen, Hilfswerke zu unterstützen, mit langjähriger Erfahrung in der humanitären und Katastrophenhilfe», sagt Martina Ziegerer, Geschäftsleiterin der Zertifizierungsstelle Zewo, die Hilfswerke auf deren effizienten und zweckbestimmten Einsatz von Spenden kontrolliert. «Diese sind vor Ort gut vernetzt. Sie kennen die lokalen Verhältnisse und können schnell Leute in die betroffenen Gebiete senden.» Zudem stünden sie im Kontakt mit anderen Hilfsorganisationen, um koordiniert möglichst bedarfsorientiert und ressourceneffizient helfen zu können.
Solche von der Zewo zertifizierten Spendenorganisationen, die derzeit für Syrien und die Türkei sammeln, sind laut Ziegerer Adra, Ärzte ohne Grenzen MSF, Caritas Schweiz, HEKS, Helvetas, Medair, Médecins du Monde, das Schweizerische Rote Kreuz, Solidar Suisse, SOS-Kinderdorf Schweiz und Terre des hommes.
Was soll ich spenden?
Laut Ziegerer sind aktuell Geldspenden für Hilfsorganisationen deutlich effizienter als Sachspenden: «Geld kann schnell und flexibel eingesetzt werden. Was gebraucht wird, kann umgehend vor Ort oder in den umliegenden Ländern eingekauft und verteilt werden.» Geldspenden ermöglichen es, Erdbebenopfer unter anderem mit Nahrungsmitteln, Medikamenten und Hygieneartikeln zu versorgen und in Notunterkünften unterzubringen.
Sachspenden seien hingegen sperrig und der Transport mit grossem Aufwand verbunden. «Waren aus der Schweiz nach Syrien und in die Türkei zu bringen, braucht Zeit und kostet Geld», sagt Ziegerer. Sachspenden sollte man nur machen, wenn eine Hilfsorganisation explizit dazu aufruft und genau die benötigten Güter nennt.
Sind private Spendenaktionen sinnvoll?
Bei privaten Spenden-Initiativen mahnt Ziegerer zur Vorsicht: «Privaten fehlen oftmals die Kompetenzen, Ressourcen und Kontakte, um die gesammelten Waren und Geldspenden ohne grosse Kosten auch tatsächlich den Betroffenen zukommen zu lassen.» Zudem hätten es Privatpersonen schwer, überhaupt in die Katastrophengebiete zu gelangen.
Vereinzelt könnten aber auch private Hilfsaktionen helfen: «Wenn eine Privatperson die betroffene Region gut kennt und weiss, was den Menschen vor Ort fehlt.» Personen, die Private bei Spendenaktionen unterstützen möchten, sollten die Organisatoren gut kennen und ihnen vertrauen.
Wie erkennt man falsche Spendenaktionen?
Um nicht auf unseriöse Spendenaktionen reinzufallen, müsse man die Informationen hinter einer Spendenorganisation genau prüfen: «Hilfsorganisationen und Private müssen klar zeigen können, wie sie organisiert sind, wie sie die Spenden konkret einsetzen wollen und wie diese an die Betroffenen gelangen. Fehlen diese Informationen oder sind sie nicht vertrauenswürdig, kann es sich um eine Betrugsmasche handeln», sagt Ziegerer. Sie rät, Geldspenden an zertifizierte und somit geprüfte Hilfsorganisationen zu überweisen.
Kommt meine Spende dort an, wo sie sollte?
«Es kommen nie 100 Prozent einer Geldspende an, wenn man einer Hilfsorganisation spendet», sagt Natalie Wenger, Sprecherin bei Amnesty International. Das sei gar nicht möglich, weil auch das Personal der Hilfsorganisationen und die Transportkosten bezahlt werden müssten. Zudem könne man die genaue Verwendung der eigenen Spende nicht bestimmen. «Wer spendet, gibt den Hilfsorganisationen Geld. Diese schauen dann gemeinsam mit den lokalen Behörden, wo der grösste Bedarf herrscht.»
Demgegenüber sei es bei privaten Spendenaktionen möglich, dass 100 Prozent der Spenden ankommen. Hier fehle aber die Sicherheit. «Anders als die grossen Hilfsorganisationen müssen Private nicht ausweisen, wofür sie ihr Geld genau ausgegeben haben», so die Expertin. «Es kann also genauso gut passieren, dass gar kein Geld ankommt», sagt Wenger.