Ein Richter des Zürcher Verwaltungsgerichts betrinkt sich an der Weihnachtsfeier und benimmt sich derart daneben, dass er jetzt sechs Wochen auf seinen Lohn verzichtet.
Es war ein Fest, das den Teilnehmenden wohl noch lange in Erinnerung bleibt. An einer Weihnachtsfeier des Zürcher Verwaltungsgerichts nehmen Richter, Gerichtsschreiberinnen und Sekretäre teil. Einer der Gäste fällt an dem Abend aber besonders auf: Ein betrunkener Richter beleidigt lauthals andere Kollegen und belästigt Frauen mit einer Reihe von sexuellen Anspielungen. Einer Kollegin schlägt er vor, dass sie eine «Lesben-Show» zeigen soll, und fragt sie, ob sie mit ihm duschen wolle. Seine Kollegen habe er als «Loser» beschimpft.
Lucia Eigensatz, Generalsekretärin des Verwaltungsgerichts in Zürich, bestätigt, dass es beim Weihnachtsessen Ende November 2022 «zu verbalen grenzüberschreitenden Äusserungen eines Richters gegenüber Mitarbeitenden mit teilweise sexualisiertem Inhalt» gekommen sei, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. «Der Richter wurde zur Rede gestellt und aufgefordert, die Veranstaltung zu verlassen, was er in der Folge auch tat», beteuert Eigensatz. Der Richter habe sich am Folgetag bei allen Anwesenden entschuldigt, dies bestätigen mehrere Stimmen.
Sechs Wochen suspendiert
Laut Eigensatz habe das Verwaltungsgericht ein Verfahren gegen den Richter eingeleitet. Bei anonymen Befragungen wurden Konsequenzen gefordert, sogar von einem Rücktritt war die Rede. Der Richter äusserte sich zu seinem Fehlverhalten wie folgt: «Ich habe inakzeptable Sachen am Tisch gesagt und schäme mich dafür.» Ausserdem erzählt der Richter, dass er sich vor kurzem in einer extrem schwierigen familiären Situation befunden habe. Er sei nicht mehr zurechnungsfähig gewesen, daher könne er sich nicht mehr genau an den besagten Abend erinnern. Zudem will der Richter zukünftig keinen Tropfen Alkohol mehr trinken.
«Die Gerichtsleitung legte dem betroffenen Richter nahe, sein Amt ohne Lohn bis Ende Januar 2023 ruhen zu lassen, was er akzeptierte», teilt die Generalsekretärin gegenüber dem «Tages-Anzeiger» mit. Im Februar nahm der Richter seine Arbeit wieder auf. Das Gericht hat für die Rückkehr des Amtsträgers Massnahmen getroffen. Der Richter stehe unter Beobachtung und dürfe vorerst nicht an sozialen Anlässen teilnehmen. Im Übrigen müsse niemand «gegen seinen Willen mit dem betroffenen Richter zusammenarbeiten», sagt Eigensatz. (lia)