Russische schwangere Frauen reisen zum Gebären nach Argentinien, damit ihre Kinder – und dann sie selber – eine zweite bzw. die argentinische Staatsbürgerschaft erhalten. Für die argentinischen Behörden ist das aber nun ein Problem.
Die argentinischen Migrationsbehörden beobachten mit grosser Sorge die Einreise zahlreicher schwangerer Russinnen, die ihre Kinder in dem südamerikanischen Land zur Welt bringen. Das Einwanderungsamt registrierte im vergangenen Jahr 21’757 Menschen mit russischer Staatsbürgerschaft, die nach Argentinien eingereist waren, von denen rund 10’500 schwanger waren, von denen die überwiegende Mehrheit, 7500 Frauen, innerhalb von eineinhalb Monaten in ihr Land zurückkehrte. Allein in den vergangenen drei Monaten reisten 5819 Schwangere ein, die meisten standen bereits kurz vor der Niederkunft.
«Erst am Donnerstagabend kamen mit dem letzten Flug von Ethiopian Airlines 33 russische Staatsbürgerinnen an, die etwa in der 32., 33., 34. Schwangerschaftswoche waren», sagt Behördenleiterin Florencia Carignano zu argentinischen Medien. Das Problem seien nicht die Frauen, sondern die Anführer der Organisationen, die den Russinnen bei der Planung und Durchführung der Reise helfen.
Ein traditionelles Einwanderungsland, aber ….
Hintergrund für die Einreise ist ein Gesetz, nach dem jeder auf argentinischem Boden geborene Mensch die Staatsbürgerschaft des Landes erhält. Einbürgerungsanträge der Eltern solcher Kinder werden beschleunigt bearbeitet. Argentinien sei ein traditionelles Einwanderungsland, sagte Carignano, jedoch seien die Behörden nun alarmiert, nachdem Ende Januar in Slowenien drei mutmassliche russische Spioninnen mit argentinischen Pässen festgenommen worden seien.
«Diese Leute sind sicher gekommen, um in Argentinien Kinder zur Welt zu bringen», sagte Carignano. Das sei in Ordnung, wenn sie ihre Kinder im Land grossziehen und dort leben wollten. Zum Problem werde es, wenn sie Argentinien verliessen, den Pass mitnähmen und nicht wieder zurückkämen.
Von Reise bis zum Fotografen, es wird alles organisiert
Eine der Firmen, die den schwangeren Frauen bei der Organisation der Reise unterstützt, heisst Ruargentina. Wie die Zeitung «Pagina 12» berichtet, stehe ein gewisser Kirill Makoveev hinter dem Unternehmen. Ruargentina koordiniert die Reise, die Wohnungssuche, die Geburt in den besten Kliniken von Buenos Aires, sogar den Fotografen für die ersten Aufnahmen des Babys – aber dann auch vor allem die entscheidende Phase: die Einschaltung von Anwälten, die innerhalb von fünf Monaten die argentinische Staatsangehörigkeit und den Reisepass erhalten, ohne dass die Mutter oder der Vater des Neugeborenen im Land sind.
Am Donnerstag verweigerte die Migrationsbehörde erstmals sechs Russinnen die Einreise, weil sie sich fälschlicherweise als Touristinnen ausgegeben hätten, schildert Carignano weiter. Ein Richter liess am Freitag jedoch Einsprüche aller sechs Frauen gegen die Entscheidung zu.
Anwalt gibt zu, dass es Abzock-Firmen geben könnte
Der Anwalt von drei der zunächst abgewiesenen Russinnen sagte, seine Mandantinnen hätten gegen kein Gesetz verstossen. Es könne aber durchaus eine Organisation geben, die Russinnen nach Argentinien bringe, wofür diese kein Visum brauchten, freien Zugang zur Gesundheitsversorgung hätten und leicht einen Pass bekämen, mit dem sie in viele Staaten reisen könnten, sagte Christian Rubilar. «Die zocken Menschen ab und nutzen die Verzweiflung wegen des Krieges aus», so der Anwalt.
Die Leiterin der Einwanderungsbehörde bleibt dennoch wachsam: Künftig werde man bei der Passvergabe genauer hinsehen, denn wenn das Land dies nicht mache, würden andere Staaten misstrauisch und dazu übergehen, für Argentinier und Argentinierinnen Visa vorzuschreiben. Derzeit könnten argentinische Staatsbürger visafrei in 171 Länder reisen.