Marco Odermatt gelingt im Moment alles. Er ist jetzt auch Weltmeister im Riesenslalom, er siegte in Courchevel vor dem Landsmann Loïc Meillard. Dritter wurde der glücklose Marco Schwarz. Der Österreicher Schwarz hatte bei Halbzeit noch geführt, verlor aber im zweiten Durchgang an Terrain.

Normalerweise muss im Sport zuerst die Pflicht absolviert werden, ehe man zur Kür antreten darf. Bei Odermatt war das umgekehrt. Am vergangenen Sonntag schaffte er eine doppelte Premiere. Erstmals gewann er eine Abfahrt und sicherte sich damit die erste Medaille an Weltmeisterschaften. Die Kür absolvierte er mit Bravour. Die Fahrt, die Odermatt an den Berg in Courchevel gezaubert hatte, war eine der besten, die einem Abfahrer je gelungen war.

Blieb noch das Pflichtprogramm: der Riesenslalom. Hatte Odermatt in der Abfahrt zwar zu den Medaillenanwärtern gehört, war er im Riesenslalom der Topfavorit. Es ist fast zwei Jahre her, seit er letztmals in einem Weltcup-Riesenslalom nicht auf dem Podest stand. Seitdem reihte er 13 Podestplätze aneinander, davon waren acht Siege, wurde in Peking obendrein Olympiasieger in dieser Disziplin.

Doch Odermatt schien das Pflichtprogramm mehr Mühe zu bereiten, als die Kür. Nach dem ersten Lauf lag er 0,58 Sekunden hinter dem Österreicher Schwarz. Schwarz, dessen Stärken im Gegensatz zu Odermatt im Slalom liegen, profitierte von einem drehenden und langsam gesteckten ersten Durchgang.

Im zweiten Lauf, diesmal schneller und vom Schweizer Trainer ausgeflaggt, bewies Odermatt ein weiteres Mal, dass er imstande ist mit grossem Druck umzugehen. Zwar gelang ihm auch im zweiten Durchgang keine fehlerfreie Fahrt. Diese Leistung reichte jedoch, um den Landsmann Meillard von der Spitze zu verdrängen. Schwarz griff zwar die Schweizer an und hatte Aussicht aus Gold, verlor aber in der Schlussphase des zweiten Laufs viel Zeit.

Alles andere als der WM-Titel im Riesenslalom hätte eine leise Enttäuschung bedeutet. Der Hype um den 25-jährigen Odermatt ist riesig geworden, seit er im vergangenen Winter den Gesamtweltcup gewonnen hat. Es gibt jetzt einen Fansong («Odi, Odi, Odi, Odermatt»), das Fernsehen drehte eine Dokumentation über den Privatmann Odermatt.

Odermatt scheint die ganze Aufregung nichts auszumachen, auch wenn die Vorbereitung auf den WM-Riesenslalom nicht ideal verlaufen ist. Seit dem Sieg in Adelboden Anfang Januar hat Odermatt keinen Riesenslalom mehr bestritten; das Rennen in Schladming musste er wegen einer Blessur am Knie auslassen. Es war Meillard, der in diesem Rennen den ersten vollwertigen Weltcup-Sieg erreichte – ein Zeichen für die Qualität und die Breite des Schweizer Riesenslalomteams.

Odermatt sagte, er habe seit Adelboden vielleicht drei Läufe Riesenslalom trainiert.

Mehr folgt. . .