Mit dem 3:1 im Direktduell überholen selbstbewusste Citizens den Rivalen aus London. Und doch findet Manchester-Trainer Pep Guardiola Arsenal «viel besser».
Erling Haaland war in einer Krise, zumindest nach dem Standard, der für ihn gilt. Drei Spiele schon hatte er kein Tor mehr erzielt, ja, drei, bevor er mit Manchester City im Emirates gegen Arsenal aufläuft. Natürlich sind drei Spiele viel für einen Stürmer, der vor diesem Mittwochabend für seine 25 Tore in der Liga gerade einmal 21 Spiele brauchte.
Haaland ist dieser Brocken, 1,94 m gross, der in einem Spiel nicht oft am Ball ist, aber so viel daraus macht, wenn er es ist. Gegen Arsenal ist das wieder einmal der Fall, der Norweger, 22 erst, bereitet der gegnerischen Abwehr allein mit seiner Präsenz eine Menge Arbeit. Irgendwie ist es kein Zufall, dass er es ist, der den Schlusspunkt hinter diesen faszinierenden Kampf zwischen den beiden besten Teams der Premier League setzt.
Rodri spielt zu Gündogan, Gündogan passt in die Tiefe, De Bruyne legt sofort quer, es ist ein für City typischer Spielzug, schnell, präzis, dynamisch, und am Ende der Aktion steht Haaland und erzielt sein Tor. Es ist das 3:1 für City nach 82 Minuten und die Entscheidung.
Wie das nun sei, dass er erstmals nach drei Spielen wieder getroffen habe, wird Haaland gefragt. Und der Mann, der bislang eher wortkarg ist denn ausgesprochen mitteilsam, sagt: «Es sind schon zwanzig Minuten her seit meinem letzten Goal. Ich muss weiter arbeiten.» Ein Strahlen liegt auf seinem Gesicht.
Am Ende mag sein Tor nur noch eine Zugabe gewesen sein, vielleicht aber ist es auch mehr, ein zusätzliches Zeichen für die Überlegenheit der Citizens im direkten Vergleich mit Arsenal. Elfmal hintereinander haben sie nun gegen Arsenal in der Meisterschaft gewonnen, bei einem Torverhältnis von 29:4. Ihre letzte Niederlage in allen Wettbewerben geht auf den Dezember 2015 zurück, das ist nun schon 17 Spiele her.
Arsenal leistet in dieser Saison Grossartiges. Die «Gunners» zeigen sich von Beginn an stabil, meist fast unverwundbar, und ihr Fussball ist manchmal begeisternd wie zu den besten Zeiten unter Arsène Wenger. Acht Punkte liegen sie teilweise vor dem Titelverteidiger aus Manchester, bis ihr Motor in den letzten paar Tagen ins Stottern gerät. Erst verlieren sie im Cup bei City und dann in der Liga beim abstiegsbedrohten Everton, bevor sie am letzten Samstag gegen Brentford vom Schiedsrichter benachteiligt werden und nur ein 1:1 zustande bringen.
Arsenal stellt sich selbst ein Bein
«Wer den Titel will, muss kämpfen», ruft Citys Trainer Pep Guardiola ihnen am Tag vor diesem grossen Match aus Manchester zu. Und sie machen das. Von Anfang an sind sie überlegen, bis sie sich gleich selbst ein Bein stellen. Aussenverteidiger Takehiro Tomiyasu ermöglicht mit seinem schweren Fehler das wunderbare Tor von Kevin De Bruyne.
Sie sind auch danach besser, «viel besser», wie Guardiola anmerkt. Eine Viertelstunde nach dem Gegentor, nach 39 Minuten, gelingt ihnen der Ausgleich. Bukayo Saka verwertet einen Elfmeter souverän. Granit Xhaka ist wenigstens beim Jubeln an vorderster Front.
Guardiola hat bis dahin die Intensität im Spiel seiner Mannschaft vermisst. Er habe ein paar kleine Korrekturen vorgenommen, erzählt später Haaland. Welche, wird er gefragt. «Entschuldigung, ich erinnere mich nicht mehr.»
City ist nach der Pause jedenfalls aggressiver, mehr das City, wie man es kennt, selbstbewusst, wie man es von der dominierenden Mannschaft der letzten fünf Saisons erwarten kann. Gabriel hat noch Glück, dass sein Foul an Haaland nicht mit einem Elfmeter bestraft wird, weil der Norweger einen Hauch im Abseits steht. Guardiola wechselt Manuel Akanji für Riyad Mahrez ein, einen Verteidiger für einen Stürmer. Schliesslich ist es Jack Grealish, der einen weiteren Fehler von Gabriel bestraft und City in Führung bringt. Zehn Minuten später gelingt Haaland sein 26. Tor in dieser Meisterschaft.
Kleine Details würden solche Spiele entscheiden, hat Mikel Arteta am Vortag gesagt, und darum hat er von jedem einzelnen seiner Spieler Perfektion verlangt. Er bekommt sie nicht, nicht von Tomiyasu und Gabriel oder auch nicht von seinen Stürmern. Bei Eddie Nketiah zeigt sich in entscheidenden Momenten, dass er eben kein Gabriel Jesus ist, der seit der WM verletzt ist, und schon gar kein Erling Haaland.
Das 1:3 bedeutet, dass Arsenal seinen Vorsprung nicht auf sechs Punkte ausgebaut, sondern die Tabellenführung wieder verloren hat. Mikel Arteta, einst ein treuer Assistent von Guardiola bei City, bis er im Dezember 2019 bei Arsenal der Chef und das Rumpelstilzchen an der Seitenlinie geworden ist, Arteta also versucht trotzdem weiter das Positive zu sehen.
Gunners warten seit 2004 auf den Meistertitel
Darum sagt er: «City ist die beste Mannschaft der Welt. Und wir haben mit ihr auf Augenhöhe gespielt.» Und auch: «Mit der Leistung, die wir gezeigt haben, habe ich mehr Vertrauen als vorher. Wir können das schaffen.» Er meint den Gewinn der ersten Meisterschaft für Arsenal seit 2004.
Was den Londonern bleibt, ist der Vorteil, noch ein Spiel weniger ausgetragen zu haben als City. Allerdings müssen sie in den nächsten zwei Runden auswärts antreten, bei Aston Villa und in Leicester. Das sind Aufgaben, die Aufschluss darüber geben, ob sie dieses 1:3 wirklich wegstecken können.
Die Citizens sind in den letzten fünf Saisons viermal Meister und einmal Zweiter geworden, sie haben in dieser Zeit 458 Punkte gewonnen, was 139 mehr sind als Arsenal, und sie haben 166 Tore mehr erzielt. Sie haben eine Kaderbreite, über die Arsenal trotz Investitionen von rund 200 Millionen Franken in dieser Saison nicht verfügt.
Das macht sie zum Favoriten auf den Titel. Professionelle Auftritte wie an diesem Mittwochabend im Emirates Stadium liefern dann zusätzlich ein Ausrufezeichen. Dass Guardiola unlängst nach der Niederlage gegen Manchester United sagte, es sei ihm egal, ob sie die Meisterschaft gewinnen würden, ist da nur Geschwätz. Höchstens die Champions League will er noch mehr gewinnen als die Premier League.
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